Das Zusammenleben ist eine Herausforderung. Für das Gelingen kann es förderlich sein, täglich für einen etwas längeren Moment auch das Alleineleben zu erfahren. Im Arbeitsalltag, im turbulenten Betrieb der Familie kann es bereits reichen, eine Viertelstunde täglich für sich allein zu haben, mit sich all-eins zu sein. Etwas mehr schadet auch nicht. Da wir Gewohnheitswesen sind, ist es hilfreich, der Allein-Viertelstunde einen allen bekannten, festen Platz zu geben, z.B. zu einer festgelegten Zeit an einer gemütlich eingerichteten Stelle in der Wohnung. „Mama könnt ihr jetzt nicht sprechen, denn sie hat gerade ihre Lesezeit.“ (Papa bekommt seine Zeit auch.) Es ist gut, wenn auch Kinder sehen und dabei akzeptieren lernen, daß sie zwar im Mittelpunkt stehen, aber außer ihnen auch andere Menschen Bedürfnisse haben, die zu erfüllen sind.
Wer sich regelmäßig auf sich zurückbesinnen kann, dem wird es am ehesten möglich sein, sich immer wieder neu auf andere einzulassen. Die Idee von einer Beziehungsform, in der permanentes Zusammensein zum obersten Gebot gemacht wird, ist mit der Realität nicht vereinbar. So etwas kann auch zu der Idee führen, sich außerhalb der Beziehung etwas „ganz für sich“ holen zu „müssen“. Über die tägliche Viertelstunde hinaus sind übers Jahr verteilt auch einige Tage, an denen jeder Partner etwas für sich alleine unternehmen kann, gut für die gemeinsame Lebensqualität. Ich wünsche Ihnen außer einem lebhaften Leben zu zweit auch gute Momente des Alleinseins.
© Johannes Faupel. Systemische Kurzzeit,- Einzel,- Paar- und Familientherapie (IGST), eigene Beratungspraxis in Frankfurt am Main, s. paarkonflikte.de